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Cover Die Kristallkinder und das fliegende Auto Leseprobe "Die Kristallkinder und das fliegende Auto"

von Mirjam Wyser, mit 9 ganzseitigen Illustrationen von Gabriele Merl

Die ist Band 3 der "Kristallkinder"-Reihe. Die einzelnen Bände können unabhängig voreinander gelesen werden.

Alter: 5 - 12 Jahre, Taschenbuch, 216 Seiten, ISBN: 978-3-96050-166-4

Inhalt

Der kleine Pino
Das Abenteuer beginnt
Presse
Der Hüter des Felsentors
Der Wasserfall
Höhle
Der Schreiberling
Eine Welt von eigentümlichen Dingen
Hüter des Feuers
Die Goldene Stadt
Das Sonnenrad
Die Waage
Der Lichterbaum
Der Glitzersee
Glücksfäden
Goldener Topf
Streng geheim
Pino wartet
Bratensoße
Indien
Kreuzfahrtschiff
Zurück in der Gegenwart
Frühnachrichten
Tilo und Mira
Über die Autorin Mirjam Wyser
Weitere Werke der Autorin Mirjam Wyser

Der kleine Pino

Es hätte ein ganz normaler Tag werden können. Doch es ist Freitag, der Dreizehnte. Es kann kein Zufall sein, dass sie ausgerechnet an diesem Tag, in diesem Moment an dem großen Frachthafen stehen. Zwei Männer gehen eilig an ihnen vorbei. Es scheinen Vater und Sohn zu sein. Eine abenteuerliche Geschichte beginnt, von der noch niemand etwas ahnt.

Mariam und Mattis sind mit den Fahrrädern gekommen, welche sie an einem Pfosten abgestellt haben, und schlendern nun in bester Laune über das Areal des großen Frachthafens.

Mariam ist ein wunderhübsches Mädchen von zehn Jahren. Sie hat eine etwas dunklere Hautfarbe und dunkle Haare. Mit sich trägt sie immer die Umhängetasche, welche ihr Mattis einmal geschenkt hat.

Mattis ist etwa 150 Zentimeter groß, mit hübschem Gesicht und blauen Augen. Seine blonden Haare sind stufig geschnitten, was ihm etwas Lässiges verleiht. Mariam und Mattis sind Kristallkinder.

Kristallkinder verfügen schon bei der Geburt über hohe Schwingungen. Sie lieben Tiere, Menschen, Pflanzen und überhaupt die ganze Erde. Beide sind unter einem guten Stern geboren. Kristallkinder haben eine reine Ausstrahlung, eine reine Energie und strahlen viel Liebe aus. Solche Kinder haben ein ganz besonderes Wesen. Sie beobachten genau. Sie können Sachen sehen, die die meisten Menschen nicht sehen können. Oftmals haben sie Träume von fremden Orten und Wesen, die sie noch niemals zuvor gesehen haben. Tief in ihren Seelen scheinen sie etwas in sich zu tragen, wofür sie keine Worte finden.

Doch die beiden fühlen sich nicht als etwas Besonderes. Beide sind auf den ersten Blick ganz normale Kinder. Sie sind auch nicht auf die Erde gekommen, um Wunder zu vollbringen. Sie wollen einfach nur das Gute für die Welt. Die Menschen müssen selbst erkennen, was auf der Erde nicht gut läuft.

Der Hafen ist der Umschlagplatz für Schiffe, die auf den Weltmeeren verkehren. Er hat etwa 3.000 Liegeplätze an einer fast dreiundvierzig Kilometer langen Kaimauer. Interessiert schauen Mariam und Mattis an diesem Nachmittag zu, wie Frachtschiffe aus aller Welt mit einem Kran entladen werden. Viele der riesigen Container werden direkt auf Züge verladen, andere auf Flussschiffe oder Lastwagen. Sie rätseln, was wohl alles in den Containern verpackt sein könnte. Denn hier kommt einfach alles an, was man sich vorstellen kann: Öl, Maschinenteile, Kleider, Stoffe, Esswaren, Chemikalien, Holz, Autos, Möbel, Fernseher und andere elektrische Geräte, Spielwaren, Fahrräder … Einfach alles. An einem Container steht angeschrieben: »Früchte aus Peru.« Mariam und Mattis zählen auf, was für tropische, exotische Früchte sie kennen. Granatäpfel, krumme Bananen, Papayas, Ananas, Acerola Kirschen, Avocados, Mangos, Kaki, Maracuja.

Gerade bearbeiten sie in der Schule das Land Peru. Viel wissen Mariam und Mattis noch nicht über das drittgrößte Land Südamerikas. Es liegt an der Pazifikküste, grenzt auch an das schwülheiße Amazonasgebiet im Osten und die schneebedeckten Anden mit Bergen bis zu 6.000 Metern. Viele Touristen zieht es vor allem zu den heiligen Stätten der Inkas und dem Machu Picchu. Der Machu Picchu ist eine gut erhaltene Ruinenstadt. Die Inkas erbauten diese geheimnisvolle Stadt im 15. Jahrhundert in 2430 Metern Höhe. Sie waren geschickte Handwerker, Architekten und Bauern. Auch verfügten sie über gute Kenntnisse in der Astronomie, Zeitrechnung und Erstellung von Kalendern.

Es gibt eine Legende, die erzählt, dass es sogar eine Stadt aus lauter Gold gab. Zur Stadt sollen auch Smaragd- und Goldminen gehört haben. Verwaltet wurde sie von einer Priesterschaft. Diese Nachricht von einer Stadt aus reinem Gold und Juwelen erreichte sehr schnell die ganze Welt. Alle Schatzsucher rannten los, um von diesem grenzenlosen Reichtum zu profitieren.

»Ich habe von einer Legende gehört, dass es im Amazonas eine Goldene Stadt gibt! Glaubst du, dass es die Stadt wirklich gibt?«, fragt Mariam Mattis.

 Mattis zuckt mit den Schultern. »Es würde bestimmt Satellitenfotos geben, auf denen man die Goldene Stadt ausfindig machen könnte. Vermutlich gibt es diese Stadt einfach gar nicht!«

Mariam schenkt ihm darauf nur ein breites Lächeln als Antwort.

Im Jahr 1911 wurden in Peru die Ruinen vom Machu Picchu, die mittlerweile im Urwald versunken waren, vom amerikanischen Forscher Hiram Binghams gefunden. Auch Jahrzehnte nach seiner Entdeckung gibt der Machu Picchu, was übersetzt »alter Berg« heißt, immer noch viele Rätsel auf. Wer hat dort gelebt? Warum verließen die einstigen Bewohner diese Stadt in den Wolken. Der Machu Picchu gehört immer noch zu den größten ungelösten Geheimnissen. Schon viele Archäologen und Altertumsforscher haben auch nach der Goldenen Stadt gesucht. Gefunden haben sie nur ein paar Ruinen im Amazonas Urwald.

Der Amazonas Regenwald ist das Herz und die Lunge unseres Planeten und beheimatet mehr als 4.000 verschiedene Tierarten und ganze zehn Prozent aller Pflanzenarten der Welt. Hunderte Millionen Bäume gibt es im riesigen Regenwald. Legenden berichten, dass der Amazonas ursprünglich ein riesiger Garten war, der von einem unbekannten Volk angelegt wurde, das vor über 3.000 Jahren in Südamerika lebte. Die Stadt Iquitos in Peru ist die größte Stadt der Welt, die nicht über Straßen erreichbar ist, sondern lediglich über den Amazonas-Fluss mit Booten. Diese Stadt im Herzen des Regenwaldes ist Heimat von über 400.000 Menschen. 13.000 Fuß – das sind rund 4.200 Meter – unter der Erde fließt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ein zweiter Fluss unterirdisch auf fast identischem Weg. Der unterirdische Strom wird Hamza-Fluss genannt.

Ist es vorstellbar, dass die Inka tonnenschwere Steinquader auf 2.360 Meter geschleppt haben, um auf dem Machu Picchu eine Stadt zu bauen? Man kann sich nicht vorstellen, wie das hätte funktionieren sollen.

Mariams und Mattis' Aufmerksamkeit richtet sich wieder auf das Geschehen des Frachthafens. Am Pier gegenüber entlädt eine Gruppe von Männern einen riesigen Container. Ein Kranführer gibt Anweisungen, um etwas besonders Fragiles, Zerbrechliches zu entladen. Noch zwei Männer schauen zu, wie eine Holzkiste, die an einem Kran schwebt, einem Gabelstapler übergeben wird. Sie freuen sich wie die Kinder.

»Bin gespannt, was in dieser Kiste steckt, dass sich die beiden so freuen!«, meint Mattis.

Der Gabelstapler übernimmt eine Holzkiste, dreht ab, fährt ein paar Meter. Beobachtet wird es von den beiden Männern, die vorher eilig an ihnen vorbeigegangen sind. Im Boden ist ein Loch. Der Stapler knickt wegen dieses Schlaglochs auf einer Seite etwas ein. Oh Schreck, er lässt die Holzkiste fallen! Diese Tatsache trifft die beiden Männer wie ein Schlag. Wie von der Tarantel gestochen hüpft der Ältere hin und her, ringt die Hände, rauft sich die Haare und schimpft fürchterlich. Sein erwachsener Sohn steht mit offenem Mund wie hypnotisiert da. Es scheint ihm die Sprache verschlagen zu haben.

Beim Aufprall zersplittert die Holzkiste. Ein kleines rot-weißes Auto kommt zum Vorschein. Es ist ein Prototyp von einem neuen elektrischen Stadtauto, das ohne Fahrer benutzt werden kann. Prototyp bedeutet, dass es das erste und einzige Auto dieser Art ist. Nach rund drei Jahren Entwicklungszeit ist das kleine putzige Auto nun straßentauglich. Es ist der erste Stadtflitzer dieser Art. Auf einer wichtigen Ausstellung für neue Erfindungen sollte er dem Publikum vorgestellt werden. Die geringe Größe ermöglicht das Querparken, was das Auto vor allem in Städten attraktiv macht. Das Besondere ist, dass es an jeder beliebigen Steckdose aufgeladen werden kann.

Der Ärger der Erfinder, Vater und Sohn Milo, ist mehr als verständlich. Lange haben die beiden an diesem Auto bis zur Vollendung gearbeitet. Viel Zeit und Geld investiert. Nun liegt es zerbeult am Boden. Der Lastwagen stand auch schon bereit, der den kleinen Flitzer zur Erfindermesse für neue Entwicklungen bringen sollte. Der Stapelfahrer ist kreidebleich.

Der Vorarbeiter kommt auf die beiden Geschockten zu und meint mit leicht verdatterter Stimme: »Kommen Sie! Wir bringen das wieder in Ordnung! Gehen wir ins Büro, um eine Schadensmeldung an die Versicherung aufzugeben!«

Der Besitzer und sein Sohn kreischen: »In Ordnung bringen! Wissen Sie, wie lange wir an diesem Prototypen gearbeitet haben?«

»Nein!«, antwortet der Vorarbeiter kurz. Im Büro sieht man dann die beiden mit den Händen ringen.

Plötzlich haben Mariam und Mattis das Gefühl, jemand riefe nach ihnen. Mattis runzelt die Stirn, um genauer hinzuhören.

»Ist da jemand? Dieser Jemand ruft uns!«, sind sie sich einig. Aber wer ist es, der da ruft? Das Rufen kommt aus dem verbeulten Auto.

»Hör mal, hast du gerade mit uns gesprochen?«, fragt Mattis das verbeulte Auto. Voller Interesse gehen Mariam und Mattis näher heran und begutachten das kleine Auto.

»Ein Auto kann doch nicht sprechen, du Dummkopf!«, kichert Mariam. Die Tür hängt etwas schief und hat sich durch den Aufprall leicht verzogen und geöffnet. Bei diesem Auto ist der Einstieg vorne. Es hat kein Lenkrad und keinen Schalthebel. Ausgestattet ist es mit technischen Geräten, einem Laptop ähnlich. Mattis ist absolut begeistert. Ein selbstfahrendes Auto! Mattis dreht sich zu Mariam, die mit halb geöffnetem Mund dasteht. Er schaut sich um. Niemand zu sehen, der ihn hindern könnte einzusteigen.

»Los komm! Steigen wir ein.« Er sieht Mariam breit grinsend an. Und – Schwups – sitzt er in dem kleinen Auto.

»Komm schau dir dieses Auto an, Mariam. Das ist bestimmt ein Stadtauto der Zukunft.«

Mariam kämpft einen Augenblick mit sich. »Mattis, hast du nicht ein ungutes Gefühl, bei der Sache?«

»Nein!«, antwortet dieser wahrheitsgetreu.

Dann steht ihr Entschluss fest. Ihren besten Freund würde sie auf keinen Fall bei diesem Abenteuer allein lassen. Blitzschnell setzt sie sich neben Mattis. Dieser öffnet den eingebauten Laptop und tippt etwas herum. Fast so, als ob er der Erfinder wäre. Mariam versteht nicht wirklich, was Mattis da eingibt. Aber bewundert ihn trotzdem grenzenlos. Sie staunen nicht schlecht, als das Auto tatsächlich anfängt zu sprechen.

»Guten Tag, ich bin der kleine Pino. Wer seid ihr?«

Die beiden starren sich einen Augenblick fragend an. »So geil!«, begeistert sich Mattis. »Der kann sogar sprechen! Ich bin Mattis!«

»Und ich bin Mariam.«

»Wer ist nun hier ein Dummkopf?«, richtet Mattis die Frage an Mariam.

Noch bevor sie antworten kann, spricht das Auto wieder: »Ich bin Pino, das Mikro-Auto. Auch wenn ich klein bin, habe ich einiges zu bieten, was andere Autos nicht können.«

»Was kannst du denn so Außergewöhnliches?«, fragt Mattis neugierig.

»Ich kann euch überall hinbringen! Wollt ihr ein kleines Abenteuer erleben oder seid ihr Angsthasen?«

Mattis fühlt sich in seiner Ehre getroffen. »Ich ein Angsthase, bestimmt nicht! Es braucht ja auch nicht allzu viel Mut, sich in ein kleines Auto zu setzen. Das sowieso nicht losfahren kann!«

Pino scheint zu kichern. Das Auto hüpft dabei wie ein Floh. Dann spricht er weiter: »Ich hätte schon Lust auf ein kleines Abenteuer. Wochenlang stand ich in einer Fabrikhalle in China eingesperrt und wurde bestens bewacht. Nur der junge Herr kam täglich vorbei und programmierte an meinem Bordcomputer herum. Dann endlich ging die große Schiebetür auf. Ich dachte, endlich frei zu sein. Ich wurde auf einen Laster geladen. Aber wenn ihr denkt, ich hätte irgendetwas von diesem Land gesehen, dann irrt ihr. Ich wurde vorher in eine Kiste verpackt und in einen Container geladen. Es war stockdunkel. Ich hörte, wie ich auf ein Frachtschiff umgeladen wurde, das mich von China nach Europa brachte. Wochenlang saß ich in dieser Kiste fest. Dann endlich kam die Gelegenheit. Ich kam im Frachthafen in Europa an und wurde ausgeladen. Ich schüttelte mich so heftig, dass ich vom Gabelstapler fiel. Hi, hi. Den Rest der Geschichte kennt ihr ja. Kommt ihr jetzt mit mir auf eine Zeitreise?«

Mattis lacht. »Du willst uns doch einen Bären aufbinden! Um auf eine Zeitreise zu gehen, müsstest du fliegen, die Gesetze der Schwerkraft überlisten können und sogar unsichtbar werden! Aber du bist doch nur ein kleines Stadtauto und erst noch ein Prototyp.«

Nun kichert der kleine Pino. »Zwar haben die mich auf die Nase fallen lassen und verbeult bin ich auch. Was aber niemand weiß, ist, dass sich beim Aufprall die Daten von der Programmierung verstellt haben und ich nun Einiges mehr kann, als die Entwickler glauben. Vielleicht sogar fliegen!«

Seit Mattis von einer fliegenden Untertasse gehört hat, die in der Nähe des Waldes gelandet sein soll, hat ihn das Interesse daran gepackt. Die Frage ist, wer wohl so eine Untertasse fliegen könnte? Konnte sie nun von außerirdischen Männchen, die angeblich grau und hässlich sind, gesteuert werden? Oder sind es groß gewachsene, äußerst hübsche Menschen von hoher Intelligenz? Als Mattis herumfragte bei den Lehrern, sogar den Pfarrer, ob es Ufos, Seelenreisen oder Astralreisen gibt, wurde er nur ausgelacht! Er war damals sehr gekränkt und hatte bei Mariam seinem Ärger freien Lauf gelassen.

»Kein Wunder, dass so viele Menschen aus der Kirche austreten, wenn sie nur ausgelacht werden. Obwohl der Pfarrer gar keine Ahnung von solchen Dinge hat, hat er mich einfach nur belächelt. Man soll nie sagen, es gibt Etwas nicht, wenn man es nicht wirklich weiß!«

Und jetzt sitzt Mattis in einem kleinen Auto, das ihm die Möglichkeit gibt, eine Zeitreise zu machen. Sehr verlockend, diese Angebot! Er tuschelt mit Mariam. Sie nicken, schütteln den Kopf und beraten.

»Was meint ihr dazu? Ich brauche eine Antwort!«, drängt Pino.

Mattis schaut auf die Computerdaten und denkt nach.

Oh Schreck, in diesem Augenblick kommen Milo, der erfinderische Kopf, sein Vater und weitere Personen auf das kleine Auto zugelaufen.

»He, he!«, rufen sie wütend. Sie fuchteln mit den  Händen. »Raus mit euch! Das hätte uns gerade noch gefehlt, wenn unser Auto geklaut werden würde! Da verstehen wir gar keinen Spaß! Lumpenpack! Raus mit euch!«, rufen sie aufgeregt.

Der kleine Pino wird ganz aufgeregt. »Also, entscheidet euch schnell! Wollt ihr auf die Zeitreise oder nicht! Fliegen wir irgendwohin? Ich brauche euren Befehl, sonst kann ich nicht wegfahren!«

Mariam zögert einen Augenblick. »Ich weiß, nicht ob wir das tun sollen!«

»Wir müssen uns entscheiden, aber schnell!«, entgegnet Mattis.

Mariam fasst endgültig Mut. »Also gehen wir!«, stimmt sie zu, obwohl sie sich über ihren Mut wundert. »Wegfahren, kleiner Pino!«, wiederholt sie.

»Wegfliegen wäre besser!«, entgegnet Pino!

»Wie willst du fliegen? Du hast ja gar keine Flügel und ein Helikopter bist du auch nicht!«

»Aber ich bin Pino!«

Mattis und Mariam flüstern einander aufgeregt zu. Die Herren kommen immer näher und scheinen recht wütend zu sein!

»Wir klauen das Auto ja nicht, sondern leihen es nur mal kurz aus!«, kichert Mariam. In Mattis Augen glitzert Entschlossenheit.

Dann gibt Mattis den Befehl. »Kleiner Pino, fahr los oder flieg mit uns davon, wir kommen mit dir auf die Reise!«

»Suche für uns die Goldene Stadt!«, ruft Mariam dazwischen.

Mattis schüttelt den Kopf und murmelt: »Die Golden Stadt kann er doch nicht finden, die gibt es doch gar nicht!«

Sekundenschnell berechnet Pino die Eingabe und das Auto fährt tatsächlich los. Der kleine Pino macht ruckartige Zickzack-Bewegungen.

Mariam triumphiert: »Vielleicht gibt es diese Stadt doch!«

Aufgeregt rennen die beiden Entwickler dem kleinen Pino hinterher!

»Pino, gib Gas! Fahr schneller, Pino!«, ruft Mattis.

Da schnappt sich der junge Erfinder Milo ein Motorrad und verfolgt das Auto. »Euch kleine Gauner knöpfe ich mir vor!«, brüllt er wie ein Löwe.

»Schneller, fahr schneller, Pino. Wir werden verfolgt!«

Die Verfolgung beginnt. Der kleine Pino rast, so schnell er kann, durch das Hafenareal. Plötzlich sehen sie einige Meter vor sich eine Schranke und Sicherheitspersonal.

»Los, zeig uns, was du kannst, kleiner Pino! Starte durch wie ein kleiner Vogel! Sonst bekommen wir mächtig Ärger!«, schreit Mariam.

»Am besten wäre es wirklich, du könntest fliegen!«, hakt Mattis nach.

»Flieg, Pino, flieg!«, schreit Mariam.

»Na ja, dann beginnen wir unseren kleinen Ausflug! Unsere kleine Zeitreise!«, kichert Pino.

Das kleine Auto gibt Gas und im nächsten Augenblick hebt es tatsächlich ab und fliegt über die Schranke hinweg. Das war knapp! Mattis entweicht ein Jubelschrei. Wie ein Vogel steigt das Auto hoch, fliegt höher und höher.

»Das ist der Hammer! Ein Wunder!«, ruft Mariam. Die beiden lächeln einander an. In den Kinderaugen flammt viel Freude auf.

Sie hören noch, wie das Motorrad angehalten wird, und den schreienden Milo: »Wartet nur, ihr kleinen Gauner, euch kriege ich schon noch!« Erst in diesem Augenblick ist dem Erfinder bewusst geworden, dass der kleine Pino fliegen kann. »Das glaube ich ja nicht, mein kleiner Pino kann fliegen!«

Er kratzt sich am Kopf! »Ich glaube, mich laust der Affe! Unglaublich! Wirklich unglaublich! Von mir wurde das kleine Auto nicht so programmiert, dass es fliegen kann!«

Das Abenteuer beginnt

»Wir müssen tiefer fliegen!«, brummt der kleine Pino, »damit wir nicht auf dem Radarschirm auftauchen.«

Doch sie sind auf dem Radarschirm bereits gesehen worden. Sie fliegen in geringer Höhe über Autos und Omnibusse, die in Schlangen stehen. Die Eilmeldung, dass ein fliegendes Auto mit zwei Kindern gesichtet wurde, verbreitet sich in allen Medien blitzschnell.

»Das ist doch ein Witz!«, hört man die Menschen sagen. »Das war bestimmt nur eine Drohne! Von denen fliegen immer mehr herum. Eine richtige Belästigung!«, schimpfen einige.

Großes Rätselraten unter ihnen beginnt, was da für ein eigenartiges Flugobjekt über ihren Köpfen herumfliegt. Pino und die Kinder fliegen derweil durch enge Gassen und erwecken die Aufmerksamkeit der Menschen. Pino sucht sich einen weiteren Weg zwischen Hochhäusern und Wohnsiedlungen, dann geht es durch einen Wald. Mariam und Mattis spüren ein gewisses Unbehagen. Sie werden verfolgt. Doch nun sitzen sie in dem kleinen Pino.

»Wir sind bereit, ins Ungewisse abzuheben! Such für uns die Goldene Stadt!«, gibt Mattis nochmals den Befehl und lehnt sich zurück.

»Das mache ich! Ich werde euer König sein, denn ich besitze die Fähigkeit, nicht nur bis an die Grenzen des Himmels zu fliegen, sondern noch weit darüber hinaus. Wir müssen aber die Fluggeschwindigkeit erhöhen!«, meint Pino.

»Trotzdem sind wir auf dem Radarschirm zu sehen!«, sagt Mattias nachdenklich.

»Drück den roten Knopf, Mattis! Wir werden dann unsichtbar! Das Strahlenschild um uns kann vom Radar nicht durchdrungen werden. Sonst werden wir noch von einem Militärflugzeug abgeschossen«, befiehlt Pino.

Mattis drückt den roten Knopf. Mariam ist einfach nur sprachlos.

Plötzlich taucht aus dem Nichts ein Windstoß auf und schiebt sie himmelwärts. Sie steigen hoch auf in die Wolken. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, im All zu schweben. Ein Jagdbomber der Armee sucht den Luftraum ab und rast haarscharf an ihnen vorbei. Die beiden halten vor Schreck den Atem an.

»Wir sind vom Radar verschwunden!«, jubelt Pino.

»So ein Mist!«, flucht der Pilot im Jagdbomber. »Das gibt s doch nicht. Das Flugobjekt kann sich doch nicht einfach in Luft auflösen und vom Radar verschwinden. Unsichtbar machen wird es sich auch nicht können! Nein, so etwas gibt es nicht!«

»Wenn du das seltsame Flugobjekt sichtest, zwinge es unbedingt zur Landung. Bei Befehlsverweigerung: notfalls abschießen«, bekommt der Pilot den Befehl aus dem Tower. »Weitersuchen!«

Der Militärpilot gibt nochmals seine genaue Position durch. Noch zwei Stunden suchte der Jagdbomber nach Pino. Natürlich vergebens. Dass die geheime Mission von Pino, Mariam und Mattis so viel Aufsehen erregen würde, ist nicht absehbar gewesen.

Währenddessen steigt Pino immer höher und höher. Es fühlt  sich an wie in einem Ufo, das pfeilgerade in den Himmel steigt. Das Auto hat einen unvorstellbaren schnellen Antrieb. Plötzlich wird das fliegende Auto von einer Windbö erfasst und hin und her geschüttelt. Pino gerät in arge Turbulenzen und sackt urplötzlich in ein Luftloch ab. Ein eigenartiges Gefühl beschleicht die Kinder. Das Hochgefühl zerplatzt wie eine Seifenblase. Sie spähen aus dem Fenster nach draußen. Unter ihnen liegt die Einsamkeit. Eine unberührte Natur überfliegen sie. Dicht bewaldete Hügel, Täler, durch die sich die Flüsse schlängeln. Gebiete tun sich auf, die kaum ein Mensch je betreten hat. Das Land sieht von hier oben wirklich unbewohnt aus.

Die Luftströmung führt sie über einen Dämmerwald. Dunkelgrün, fast schwarz hebt sich das unheimliche Gebiet ab. Hier scheint es zusätzlich zahlreiche Erdspalten zu geben. Geisterhafte Nebelschwaden steigen auf. Die Gesichter der Kinder glänzen vor Schweiß. Nervös rutscht Mariam auf dem Sitz hin und her. So geheuer ist ihr die ganze Sache nicht mehr. Was wird dieses Abenteuer überhaupt bringen? Sie überlegt schon einmal, wie sie ihrer Mutter diese Geschichte beibringen kann, wenn sie erfährt, dass sie und Mattis den kleinen Pino geklaut haben und damit abgehauen sind in ein Abenteuer, dessen Folgen sie sich überhaupt nicht ausdenken können. Weiter mag sie gar nicht denken. Das wird bestimmt unglaublichen Ärger geben. Diese Geschichte lässt sich den Eltern wirklich nicht ganz einfach verkaufen.

»Wir sind halt Kristallkinder und Kristallkinder erleben Ungewöhnliches!«, entschuldigt sie sich laut selbst.

Pino meldet sich zu Wort: »Ihr werdet den geheimnisvollsten Urwald kennenlernen. Da gibt es Orte, wo die Geister am helllichten Tag spuken!«

Das ist nicht gerade das, was die beiden hören möchten.

»Uns kannst du keinen Bären aufbinden, wir sind nicht so dumm und glauben jeden Unsinn!«, antwortet Mattis. Er will sich nicht blamieren und eingestehen, dass es ihm auch nicht mehr ganz geheuer ist.

Beinahe im selben Augenblick wird es finster um sie herum. Es wird noch viel schlimmer. Ein leises Kitzeln läuft den beiden den Rücken hinunter. Vor ihnen breitet sich die Schwärze des Alls aus. Ein Blitz teilt den Himmel, fast unmittelbar gefolgt von einem krachenden Donnerschlag. Den beiden Fluggästen stockt der Atem. Sind sie in ein Unwetter geraten? Sintflutartiger Regen prasselt auf die Windschutzscheibe nieder. Hastig gibt Mattis den Befehl, den Wetterbericht durchzugeben. Der Verdacht wird bestätigt. Sie befinden sich mitten in einem Hurrikan. Der Wind trifft den kleinen Pino mit voller Wucht, das Schütteln wird immer heftiger. Pino kämpft sich durch den sintflutartigen Regen. Es fehlt nicht viel und das kleine Auto würde zu Kleinholz verarbeitet werden. Ein Schauer rinnt durch die Abenteurer. Mattis stößt einen leichten Fluch aus und starrt nachdenklich auf den Bordcomputer.

Pino verliert fast die Kontrolle. Plötzlich, für den Bruchteil einer Sekunde jagen Blitze an ihnen vorbei.

»Kurs halten, ja nicht schlappmachen, kleiner Pino!«, brüllt Mattis. Beide Insassen halten sich krampfhaft fest.

»Das ist ja wie in einem Horrorfilm!«, stöhnt Mariam.

Es knistert und summt um sie. Etwas Unerwartetes geschieht. Die Blitze schießen auf einmal in langen ausgefransten Büscheln ins Zentrum des Sturms. Sie biegen sich zu Spiralen und verdichten sich zu einer Kugel elektrischen Lichts. Ein unkontrollierbares verrücktes Farbenspiel aus Grün- und Brauntönen dreht sich spiralförmig um sie herum und erfasst sie. Sie drehen sich um mit dem kleinen Auto. Mit starren Blicken beobachten sie dieses Geschehen. Dann müssen sie die Augen schließen, denn durch das verrückte Drehen wird ihnen speiübel. Die Lichtkugel wächst unaufhaltsam. Sie öffnen wieder kurz die Augen, um auf dem neusten Stand zu sein. Grelles Licht schlägt ihnen entgegen. Sie schirmen sich die Augen mit der Hand ab, müssen sogar die Augen zu winzigen Schlitzen zusammenkneifen, so hell wird das Licht. Sie sitzen in einem kleinen Auto, das wie ein Spielball durch den Himmel geworfen wird, und sind erstarrt über das unglaubliche Schauspiel, das ihnen geboten wird. Beide verkrampfen sich in den Sitzen.

Beim nächsten Donnerschlag öffnet der Himmel nochmals seine Schleusen. Mit Wucht fegt eine weitere Bö über das kleine Auto hinweg. Dann fängt es an zu schlingern. Bevor Pino vor Erschöpfung fast kraftlos wird, erreichen sie die Himmelsgrenze.

Plötzlich sehen sie einen Vulkan. Über dem Gipfel des Vulkans schwebt eine riesige Wolke. Und genau in dieser Wolke stecken sie. Dichter Rauch, rot bestrahlt, schießt aus dem Berg. Vom Himmel fallen Asche und fauchend glühende Lavastücke.

»Wir haben gerade einen Vulkan überflogen, der wieder aktiv geworden ist!«, belehrt Pino sie, als wäre das eine lockere Angelegenheit!

»Ja, toll! Da können wir ja glücklich sein, dass wir in dieser glühenden Hitze nicht gebraten worden sind!«, meint Mariam spitz. »Ich glaube du hast überhaupt keine Ahnung, wo wir sind!«, hakt sie nach.

Der kleine Pino scheint beleidigt zu sein. Es ist, als sacke er in dieser Sekunde ab wie ein Stein. Den schwarzen Himmel durchfährt wieder ein Blitz und aus den Wolken löst sich ein Regenguss. Die Fenster beschlagen mit schwarzem Russ. Die Bordcomputer fällt aus. Nervös versucht Mattis, die Daten wieder neu einzugeben.

»Schlimme Sache! Wir haben keinen Antrieb mehr!«, stellt Mattis mit Schrecken fest.

Mariam starrt ihn entsetzt an. Ihr Magen fühlt sich ganz flau an.

»Hast du Angst, Mariam?«

»Angst ist überhaupt kein Wort, ich bete um unser Leben!«, antworte Mariam mehr als gereizt.

Ein Passwort für den Bordcomputer wird verlangt.

»So ein Mist!«, schimpft Mattis. »Wie können wir das Passwort eingeben, wenn wir keine Ahnung haben, wie es lauten könnte!« Mattis legt das besorgte Gesicht in Falten.

»Pino, bitte verrate uns das Passwort, sonst stürzen wird ab!«, bittet Mariam den kleinen Pino.

»Nur wenn du mich nicht mehr beleidigst!«, haucht er.

»Also gut! Du bist der Größte!«

»Wirklich?«, fragt Pino nach.

»Ja wirklich, der Allergrößte bist du!«, antwortet Mariam nervös.

»Aber nun sag uns einfach das Passwort!«, schreien die Kinder.

»Kokood…!«

»Mattis, hast du es verstanden?«

»Nein!«

»Bitte, Pino, noch einmal das Passwort!«

»Kondor!«

Mattis und Mariam schauen sich in größter Anspannung an.

»Kondor!«, wiederholt Mattis.

»Das habe ich auch so verstanden!«, glaubt Mariam.

Blitzschnell gibt Mattis das verlangte Passwort ein. Und jubelt! Es ist richtig! Der kleine Pino hat seinen turbulenten Flug wieder im Griff!

»Danke, Pino, das war nett, dass du uns das Passwort verraten hast!«, bedanken sich die beiden Himmelspiraten. Doch wohin fliegen sie überhaupt?

Durch diese Aschewolke ist der kleine Pino so verschmutzt worden, dass der Computer verrücktspielt.

»Wir müssen landen«, schlägt Mattis vor.

Kaum gesagt, steuert Pino der Erde entgegen.

»Dort, weiter unten ist der mysteriöse Dämmerwald! Manche sagen, es wäre Wahnsinn, diesen Wald zu betreten«, berichtet Pino.

Die Kinder seufzen. Plötzlich spüren sie eine undefinierbare Macht, die durch ihre Adern fließt. Können aber nicht einordnen, ob dieses Kribbeln in den Gliedern gefährlich oder ungefährlich ist. Ein Sturm zieht auf und es wird wieder ungemütlich.

»Ein Himmel wie für Hexenmeister!«, murmeln die Kinder.

Tiefe Dunkelheit senkt sich über sie herab, eine Dunkelheit, die so undurchdringlich wird, dass es den Anschein macht, Gott hätte einen schwarzen Samtumhang über der Welt ausgebreitet.

Pino kreist und kreist. Es ist, als bewegten sie sich in einem riesigen zischenden Ball aus elektrischer Energie und einer brodelnden Mischung aus Licht und Dunkelheit.

»Eine Fahrt wie in einer Geisterbahn!«, tuschelt Mariam.

»Wir müssen uns einen Landeplatz suchen!«, stottert Mattis.

Mariam schaut angestrengt aus dem Fenster. Die Wolkendecke reißt auf. Unten schlängelt sich ein Fluss durch ein Tal, rechts und links davon hohe Felsen. Es ist der heilige Fluss! Sie sehen aus ihrer Vogelperspektive Zeichen und Figuren, die in den Felsen gehauen sind.

»Wisst ihr, wieso der Fluss, der heilige Fluss heißt?«, fragt Pino.

»Vielleicht hat einmal ein Heiliger darin gebadet oder das Tal durchlaufen!«, rätseln die Gefragten.

Pino kichert. »Besonders schlau seid ihr wirklich nicht!«

Mariam ist genervt. Wichtigtuerisch erklärt Pino: »Der heilige Fluss ist so angelegt wie die Milchstraße im Universum. Der Fluss ist das Spiegelbild davon!«

»Aber sicher muss man das wissen! Das lehrt man als Erstes in der Schule!«, meint Mariam zynisch.

»Seht, Kinder! Diese dunklen Stellen zeigen ein unterirdisches Netzwerk!«, ruft Pino voller Begeisterung. »Dort unten auf einem Felsplateau sehe ich die einzige Möglichkeit zu landen.« Pino kreist und kreist über der Stelle.

»Mein Gott, Pino, hör endlich auf, Kreise zu ziehen, mir wird langsam speiübel!«, protestiert Mariam.

Pino kreist noch ein paarmal und setzt schlussendlich auf. Der Boden ist uneben, holprig, steinig! Das Auto schlägt hart auf, schleudert hin und her und droht zu kippen. Zweige und Äste brechen knisternd und krachend unter dem Aufprall auseinander.

»Anhalten! Anhalten!«, brüllt Mattis. »Anhalten! Stopp, anhalten!«

In letzter Sekunde kommt Pino zum Stillstand, bevor er über das Plateau über den Abgrund jagt.

»Das war echt knapp!«, seufzt Mattis.

»Du musst schon etwas genauere Befehle geben! Wenn du starr vor Schreck die Luft anhältst, weiß ich nicht, was ich machen muss!«, wird Mattis von Pino getadelt.

»Ich habe ja geschrien ›Anhalten‹!«

»Der kleine Pino strapaziert meine Nerven echt krass! Nun muss ich zuerst durchschnaufen! Ich mag ja Abenteuer, doch das war echt happig! Wir können auch nicht erwarten, dass irgendjemand eine Suchaktion starten und uns hier finden würde. Ich glaube, der Pino ist auch nicht besonders schlau!«, meint Mariam bissig.

»Pino, weißt du, wo wir hier sind?«, fragt Mattis zaghaft.

»Ich habe keine Ahnung, wo wir sind. Aber eins weiß ich bestimmt: Wir sind auf geheimer Mission!«, antwortet Pino.

»Was nun?«, fragt Mattis den kleinen Pino.

»Aussteigen bitte!«, bekommt er zur Antwort.

»Hast du ›Aussteigen‹ gesagt?«, hyperventiliert Mariam.

»Ja, nun müsst ihr zu Fuß weiter auf die Suche nach der Goldenen Stadt!«, antwortet Pino ohne Wenn und Aber.

Als sie aussteigen, machen sie große Augen. Unheimlich und dämmrig ist es hier und es herrscht eine schwüle, feuchte Hitze. Es ist nicht gerade ein Landstrich, wo man sich wünscht hinzukommen. Geschweige denn, überhaupt nur die kleinste Spur von Schätzen zu finden.

»Ich warte hier auf euch! Wir finden uns bestimmt wieder für den Rückflug! Nun brauche ich etwas Ruhe und mache ein Schläfchen, bis ihr zurück seid! Meine Batterien müssen auch wieder aufgeladen werden!«

»Ich glaube, das ist ein schlechter Witz!«, flüstert Mariam Mattis zu und verzieht das Gesicht.

»Ich mache keine Witze!«, gibt Pino zur Antwort.

»Und wie, bitte, sollen die Batterien ohne Stromkabel aufgeladen werden?«, fragt Mariam ärgerlich.

»Ich bekomme das schon hin! Ich zapfe die Magnetfelder der Erde an!«, meint Pino siegessicher.

»Das glaube ich nicht!«, antwortet Mariam.

Pino ist beleidigt, er wendet sich Mattis zu. »Mein junger Freund, du hast bestimmt von dem Stromzauberer Nicola Tesla gehört! Er hatte ein Wissen, das es offiziell gar nicht gibt. Über die freie Energie, die Gravitationen und über außerirdische Kontakte. Seine Antriebe waren ähnlich wie die der Außerirdischen. Aus dem Nichts heraus konnte er Energie im Überfluss nutzen! Ohne dass schädliche Abfallstoffe anfielen. Ohne ihn würde heute kein elektrisches Gerät funktionieren. Tag und Nacht stand er im Labor und tüftelte. Doch die Mächtigen der Welt haben seine Mission verhindert. Die Stromkonzerne wollten lieber Stromkabel und Stromzähler montieren. Denn damit war viel Geld zu verdienen! Doch ich weiß von seinem Geheimnis, wie man die freie Energie aus dem Äther abzapfen kann.«

»Wirklich?«, fragen die beiden ungläubig.

Mattis antwortet etwas verlegen: »Ich kenne nur das Tesla Auto! Von Nikola Tesla und seinen Kenntnissen über die freie Energie weiß ich nichts! Das hört sich aber sehr interessant an! Doch wieso hat man seine Erfindungen vergessen?«

Pino seufzt: »Jedes Kind müsste von diesem großen Erfinder wissen, denn ohne ihn würden wir nicht einmal Radio hören können. Tesla war sehr enttäuscht von den Menschen. Kurz bevor er starb, hat er die Aufzeichnungen, die er in Formeln aufgeschrieben hat, noch abgeändert. Bis jetzt konnte noch niemand das Geheimnis seiner Aufzeichnungen entziffern. Wenn wir zurück sind, dann kannst du dich mit dem größten Erfinder der Menschheit befassen!«

»Versprochen! Das werde ich tun!«, gibt Mattis zur Antwort.

Mariam und Mattis schauen sich fragend an. So genau wissen sie nicht, was sie davon halten sollen. Ist Pino ein Prahlhans oder kennt er das Geheimnis zum Anzapfen der freien Energie wirklich?

»Da haben wir uns ja was Schönes eingebrockt!«, sagt Mariam.

Mit leiser Stimme fragt Mattis: »Wir dachten, du könntest uns in die Goldene Stadt einschleusen!«

Pino antwortet schnell: »Ich weiß nicht, wo die Goldene Stadt ist. Niemand weiß es. Sonst könnte mich ja jeder klauen und sich von mir in die Goldene Stadt chauffieren lassen! Was habt ihr euch vorgestellt? Ich lande auf einem großen geteerten Parkplatz, wo vielleicht noch hundert Touristenbusse stehen und ihr könnt schnell durch die Goldene Stadt laufen, ein paar Fotos schießen, die ihr dann auf Facebook oder sonst irgendwo postet, und wieder verschwinden? So einfach ist es wirklich nicht. Die Stadt liegt zwischen dieser und der unsichtbaren Welt. Ihr könnt sie nur finden, wenn ihr sie finden dürft. Doch das bestimmen höhere Wesen mit einem Wissen, das über den Tellerrand des Alltäglichen weit, weit hinausgeht.«

»Das klingt wirklich nicht so berauschend!«, murmelt Mattis.

Auch Mariam ist über diese Botschaft nicht sonderlich erfreut und meint ärgerlich: »Ich kann mir echt nicht vorstellen, dass die Goldenen Stadt in dieser trostlosen Landschaft zu finden ist.«

»Da, wo man es am wenigsten erwartet, können die größten Schätze versteckt sein«, antwortet Pino.

»Witzbold!«, gibt Mariam zur Antwort.

Mattis hat sich die Kapuze über den Kopf gezogen, ganz wohl ist ihm auch nicht mehr. Angriff ist die beste Verteidigung, denkt er.

»Mariam, du bist auch nicht unschuldig, dass wir hier gelandet sind. Die Idee mit der Goldenen Stadt war deine. Ich wäre auch mit dem Besuch eines Vergnügungsparks zufrieden gewesen!«, rechtfertigt sich Mattis.

»Schuldzuweisungen nützen uns jetzt gar nichts!«, antwortet Mariam schnippisch.

Pino mischt sich ein: »Ihr müsst euch auf den Weg machen. Streiten könnt ihr später. Das Zeitfenster ist nur begrenzt offen. Wenn ihr es nicht nutzt, hängen wir hier fest!«

Mariam krächzt schon fast vor Anspannung: »Stell dir mal vor, wir hängen hier fest und können nicht mehr fort! Mir wird wieder ganz übel bei diesem Gedanken!«

»Und mich hättest du für alle Zeiten am Hals!«, kichert Mattis. »Lassen wir uns nicht irre machen! Und überhaupt hast du heute eine miese Laune wie eine griesgrämige alte Tante«, meint er cool.

Pino fährt den Hänseleien dazwischen. »Beißt die Zähne etwas zusammen, dann schafft ihr es schon. Wenn ihr noch lange herumnörgelt, kommt ihr in Zeitnot. Passt gut auf, dass euch nichts entgeht! Ihr dürft keinerlei Fehler machen. Also macht euch endlich auf den Weg. Die Richtung stimmt, nun müsst ihr nur noch den Eingang finden!«

Die Spannung, die in der Luft liegt, ist auch körperlich spürbar. Sie fühlen ein flaues Gefühl im Magen.

»Das Einfachste auf der Welt! Keine Fehler machen und den Eingang in zur Goldenen Stadt finden!«, antwortet Mariam bissig.

»Dann machen wir uns mal auf den Weg! Bis später, Pino!«, beschwichtigt Mattis.

»Bis später, ihr beiden Abenteurer! Ihr werdet euer Bestes geben müssen! Einen Wegweiser werdet ihr nirgends finden. Achtet auf die Zeichen. Doch die unsichtbaren Helfer werden euch schon zur Seite stehen.«

»Ha, ha! Wie ermutigend!«, stichelt Mariam. »Schicken wir mal eine SMS nach Hause!«, macht sie den Vorschlag.

Nervös versucht sich Mattis einzuloggen. Das Handy ist abgestürzt!

»Bitte geben sie die PUK ein!«, erscheint ein Schriftzug. Wer weiß schon seine PUK-Nummer, die Nummer des Handy Gerätes? Mattis bestimmt nicht. Sie sind auf sich alleine gestellt!

Durch die dünne feuchte Luft zu gehen, bedeutet eine ungeheure Anstrengung. Wie ein feuchtes Tuch legt sie sich auf die Lunge. Es ist wie in einer Sauna, sie sind klatschnass geschwitzt. Immer weiter stolpern sie über Wurzeln und Geäst auf einem unwegsamen Pfad. Manchmal sinken die Füße ein und der Schlamm gluckst darunter. Diesen Weg hätten sie nie freiwillig gewählt. Doch hier scheint die Gegend sonst keine Gefahren zu bergen. Wenigsten ein Lichtblick.

Schnell ist ihnen jegliches Zeitgefühl abhandengekommen.

Drei der neun ganzseitigen Illustrationen:

    Kristallkinder Band 4 Abfangjäger   Kristallkinder Band 4 Eremit im Wald

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Textprobe: Mirjam Wyser, Bilder: Gabriele Merl

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