Leseprobe "KETOGA - Ketogene Ernährung und Yoga"
von Fabrizio P. Calderaro
Ratgeber, 348 Seiten, ISBN: 978-3-96050-120-6
Inhalt
Rechtlicher Hinweis
Teil I: Einführung
1. Was ist Ketoga?
2. Ketoga als integrale Coping-Strategie
3. Eine persönliche Zwischenbilanz
Teil II: Wichtige Aspekte der Ketogenese
1. Die Ketose und die Ketogenese
2. Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe
3. Ketoga und Alkohol
4. Ketoga und die Vulnerabilität
5. Ketoga und die Depression
6. Ketoga für ein starkes Immunsystem
Teil III: »Ketoga« - Umsetzung in die Praxis
1. Das Ketoga Nidra
2. Die ketogische Atemtechnik – »Ketogayama«
3. Das ketogische Fasten
4. Die ketogische Colonmassage
5. Die ketogische Nasenreinigung (Neti)
6. Das ketogische Ölziehen – Gandusha
7. Die ketogische Hydropraktik
8. Die Macht der Affirmationen
9. Kostbare Essenzen
Teil IV: Die theoretischen und philosophischen Grundlagen des Yoga
1. Sanskrit
2. Der Yoga
3. Hatha-Yoga
4. Asanas
5. Darshanas
6. Der Weg zur Selbsterkenntnis – »Gnothi seauton«: Erkenne dich selbst
7. Die meditativen Formen des Yoga
8. Die vier großen Wege des Yoga im Überblick
9. Die Bhagavad Gita
10. Die indischen Veden
11. Ayurveda
12. Allgemeine ayurvedische Ernährungsempfehlungen
13. Das Mahabharata
14. Die Chakren
15. Mantra
16. 61 Ausgewählte Asanas
17. Die wichtigsten 20 Ketoga-Asanas mit Abbildung
Teil V: Glossar
Teil VI: Quellenverzeichnis
1. Weiterführende Information zur Philosophie und zu Übersetzungen
2. Literatur
3. Weblinks
Danksagung
Teil I
Einführung
1. Was ist Ketoga?
In meinem ersten Buch »Das Handbuch der ketogenen Ernährung« habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass sich die ketogene Ernährungsform und der Yoga, sehr zum Vorteil für den Praktizierenden, symbiotisch ergänzen und sich hervorragend miteinander kombinieren lassen. In ihren Grundzügen entstand die gesamte Ketoga-Idee bereits bei der Erstellung des Manuskriptes »Das Handbuch der ketogenen Ernährung«. Allerdings war mir damals noch nicht ganz klar, wie genau ich die einzelnen Elemente auf einen Nenner bringen sollte. Das Wort »Ketoga« ist eine Wortneuschöpfung und verbindet sowohl die Ketose als auch den Yoga miteinander. Mir gefiel diese Idee, ein neues Wort zu kreieren, und ich glaube, dass diese Idee auch meiner Verlegerin sehr gut gefiel. Hinter Ketoga steht ein wohldurchdachtes Gesamtkonzept und ich bin stolz darauf, es geschafft zu haben, alle wichtigen Elemente miteinander zu verbinden. Ketoga ist keine Diät, es ist auch kein neuer Yoga-Zweig. Ketoga ist eine Strategie und sie ermöglicht die persönliche Entwicklung.
In einem meiner ersten Blogbeiträge aus dem Frühjahr 2017 beschrieb ich die Kombination der Ketose mit dem Yoga als eine »mächtige Allianz«. Ich glaube, dass es eben diese Bezeichnung auf den Punkt bringt und deutlich macht, was hinter Ketoga wirklich steckt. Doch wenden wir uns nun dem Yoga zu, immerhin ist er einer der wesentlichen Komponenten hinter dem Ketoga-Konzept.
Die Bezeichnung »Yoga« wird zum ersten Mal im indischen Katha-Upanischad (Devanagari: कठ उपनिषद्) (Kaṭhopaniṣad, auch Kāṭhaka) erwähnt. Dabei wurde der Yoga als eine Art Technik zur Säuberung des Verstandes und als Kontrolle eigener Emotionen und Gefühlen beschrieben. Die Katha-Upanischad ist nichts anderes als eine der allerersten Upanishaden, versehen mit diversen Kommentaren von Adi Shankara (* um 788 in Kalady/Kerala; † um 820). Adi Shankara war Sohn eines Brahmanen, religiöser Lehrer und Philosoph des Hinduismus. Der Upanishad muss etwa im vierten oder fünften Jahrhundert vor Christus entstanden sein, eine frühere Datierung ist aber ebenfalls möglich.
Wenn der Yoga ursprünglich als eine Form der Reinigung konzipiert wurde, um Gefühle und Emotionen besser zu kontrollieren und den Verstand zu schärfen, dann lassen sich durchaus Parallelen zur ketogenen Ernährung ziehen. Den Scharfsinn unseres Verstandes finden wir auch in dieser Ernährungsweise wieder, denn die ketogene Ernährung führt zu einem gesteigerten mentalen Fokus. Sie kann, genau wie der Yoga, als eine Art »Reinigungstechnik« verstanden werden. Der Verstand wird auch durch die ketogene Ernährung »gesäubert«, der Körper entledigt sich krankmachender Kohlenhydrate (Zucker) und konzentriert sich auf die Energiegewinnung unter Zuhilfenahme der Ketogenese. Vergessen wir auch an dieser Stelle nicht, dass die Fähigkeit zur Ketogenese unseren Vorfahren einst das Überleben sicherte. Einen klaren Geist kann man sowohl durch den Yoga als auch durch die ketogene Ernährung schaffen. Einen noch klareren Geist schafft man, indem man beides gekonnt miteinander verbindet. Ein klarer Geist setzt ein unbändiges Energiepotenzial frei.
Die Vorteile, die sich aus dem Ketoga-Konzept ergeben, liegen ganz klar auf der Hand:
- positive Wirkung auf das gesamte Nervensystem
- Herz- und Lungentätigkeit werden gestärkt und gefördert
- bereits bestehende Depressionen können gelindert und weiteren depressiven Episoden kann entgegengewirkt werden
- das Immunsystem wird gestärkt
- Herz-Kreislauf-Funktionen werden unterstützt und positiv beeinflusst
- das eigene Selbstbewusstsein wird gestärkt und gefördert
- die Leistungsfähigkeit auf mentaler Ebene wird gestärkt
- eine arterielle Hypertonie wird günstig beeinflusst
- Rückenschmerzen, innerer Unruhe, Stress und Schlafstörungen wird entgegengewirkt
- Angststörungen können spürbar gelindert werden
- klimakterielle Beschwerden können gelindert werden
- die eigene Ausdauer wird verbessert
- die Konzentrationsfähigkeit wird verbessert
- Vitalität und Zufriedenheit werden geschaffen
- Migräne kann wirkungsvoll bekämpft werden
- Nackenverspannungen und Kopfschmerzen können effizient gelindert werden
- Ketoga »entschleunigt« und lässt uns langsamer altern
- das Sexualleben wird verbessert
- Übergewicht, Adipositas und Diabetes mellitus Typ II werden bekämpft
- Ketoga hemmt entzündliche Aktivitäten im Organismus
- Gewichtsreduktion
- Asthma bronchiale und COPD können positiv beeinflusst werden
- chronische Schmerzen werden gelindert und man lernt, besser mit ihnen umzugehen
- Ketoga wirkt sich positiv auf chronische Erkrankungen aus
- es hilft bei Vorliegen einer Arthritis und verbessert die Symptomatik
- fördert das Wohlbefinden
- hilft bei pharmako-resistenter Epilepsie
Über die Auswirkungen der Ketose auf unseren Organismus habe ich ausführlich in meinem Handbuch der ketogenen Ernährung berichtet.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird Yoga bereits wissenschaftlich unter die Lupe genommen und erforscht. Welche Veränderungen Yoga auf physischer Ebene bewirkt, wurde in unzähligen physiologisch-wissenschaftlichen Studien erforscht. Zum heutigen Zeitpunkt wissen wir um die Auswirkungen des Yoga auf die Gesundheit, die Heilung bei Erkrankungen, die Psyche, die Leistungsfähigkeit, das Glück und das Wohlbefinden.
Aktuell praktizieren in Deutschland etwa 2,6 Millionen Menschen Yoga, dabei überwiegt der Anteil der Frauen. Die Beweggründe für das Praktizieren von Yoga sind oftmals die gleichen: Fast immer dreht es sich um den Wunsch nach einer gesteigerten Leistungsfähigkeit und der Verbesserung des körperlichen und geistigen Wohlbefindens.
2. Ketoga als integrale Coping-Strategie
Als ich im Sommer 2017 mit der Arbeit an meinem Ketoga-Manuskript begonnen hatte, befand ich mich dafür in einer wunderschönen und atemberaubenden Kulisse, denn ich befand mich auf Sizilien. Ich hatte meinen Arbeitgeber um Sonderurlaub gebeten, da familiäre Gründe meine Anwesenheit erforderten. Ich wusste zu Beginn ehrlich gesagt gar nicht, wo die Reise mich hinführen sollte, weder was das Buch noch meine persönliche Situation betraf. Ab einem gewissen Zeitpunkt hatte sich dann aber eine Art Eigendynamik entwickelt und ich erwischte mich immer häufiger dabei, wie ich in Gedanken versunken an meinem Ketoga-Manuskript tüftelte. Mein Vater, der im Sommer 2017 schwer erkrankte, stellte mich damit vor die Herausforderung meines Lebens, ohne es auch nur zu erahnen, geschweige denn zu wissen. Unter diesen Umständen entwickelte sich sozusagen aus sich selbst heraus mein Ketoga-Konzept. Ich glaube, dass ich keineswegs untertreibe, wenn ich behaupte, dass Ketoga eine integrale Coping-Strategie darstellt.
Coping stammt aus der englischen Sprache und es bedeutet übersetzt so viel wie »bewältigen« oder »überwinden«. Der Begriff begegnete mir zum ersten Mal im Rahmen meiner Berufsausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger. So war es in diesem Zusammenhang beispielsweise u.a. Elisabeth Kübler-Ross, die Copingstrategien in Sterbe- und Trauerphasen postulierte. Coping hängt stark davon ab, welche eigenen Ressourcen in welchem Ausmaß vorhanden sind. Diese Ressourcen müssen aber auch als solche erkannt werden, um aktiviert werden zu können. Die Art des Umgangs mit ganz bestimmten Lebenssituationen und Lebensphasen wird durch das Vorhandensein von Coping-Strategien maßgeblich beeinflusst. Doch dies bedeutet nicht, dass Coping lediglich in Krisensituationen Anwendung findet, keineswegs. Genau genommen betreiben wir jeden Tag mehr oder weniger »Coping« und das ist auch gut so.
Coping findet aber auch immer dann statt, wenn Menschen versuchen, aus einer »ungesunden« und überfordernden Situation herauszukommen. Coping wird dann angewendet, wenn Menschen versuchen, den psychischen oder physischen Druck zu verringern. Coping-Strategien verfolgen dabei immer ganz bestimmte Ziele und wenn wir Ketoga als eine integrale Coping-Strategie betrachten, dann verfolgen wir auch hier ganz bestimmte Ziele:
Coping-Strategien …
- dienen dazu, beeinflussende Faktoren, die einen schädigenden Einfluss auf uns nehmen, zu reduzieren
- sollen es uns ermöglichen, aufzuatmen und neue Kraft zu schöpfen
- sollen uns in die Lage versetzen, ein emotionales Gleichgewicht wiederherzustellen oder aber auch zu sichern
- sollen negative Emotionen oder aber auch negative Ereignisse erträglicher machen
- sollen uns helfen, Krisensituationen zu bewältigen
- dienen dem Menschen, um vorhandene Ressourcen wiederherzustellen oder aber auch zu erhalten
- sind Abwehrmechanismen auf psychischer Ebene
- stärken uns in unserer Lebensführung und machen uns resistenter in einer Umwelt, die tagtäglich ihre Anforderungen an uns verändert und höherschraubt
- helfen uns in unserer individuellen Entwicklung
Ketoga im Sinne einer Coping-Strategie ist deshalb integral, da sich Ketoga nicht nur mit einem einzigen Aspekt befasst, sondern den Menschen in seiner Gesamtheit erfasst. Ketoga ist nicht wie beispielsweise eine Fachrichtung der Humanmedizin zu verstehen. Ketoga befasst sich sowohl mit dem physischen als auch mit dem psychischen Aspekt. Das Ketoga-Konzept besteht dabei aus den folgenden Komponenten, verdeutlicht in der Zeichnung auf der nächsten Seite.
Ernährungsaspekt
Den größten Anteil dabei bildet der Ernährungsaspekt, denn hier schaffen wir die Grundlage, auf der die anderen Komponenten aufbauen. Die Ernährung übt wohl den größten Einfluss auf unser gesamtes Leben aus, unser Wohlbefinden hängt stark von der Beschaffenheit der zugeführten Makronährstoffe ab, sie entscheidet über Wohlbefinden und Gesundheit. Anders als sonst üblich besteht aber in diesem System der Hauptanteil der Makronährstoffe nicht aus Kohlenhydraten, sondern in erster Linie aus gesunden Fetten. Erst dann folgen Proteine und, mit dem geringsten Anteil, die Kohlenhydrate. Eine ungünstige Ernährungsweise lässt sich relativ rasch und ohne großen Aufwand verändern. Wer beispielsweise an Übergewicht leidet, der wird auch relativ rasch Erfolge verzeichnen können, vorausgesetzt, die Kohlenhydrat-Zufuhr wird konsequent zurückgefahren.
Natürlich bedeutet dies nicht, dass man sich nun sein gesamtes Leben lang in einer keto-adaptierten Stoffwechsellage befinden soll. Nein, das ist nicht meine Intention, auch wenn ich persönlich nun bereits seit mehr als zwei Jahren diese Form der Ernährung praktiziere. Ich glaube nicht, dass die ketogene Ernährung dauerhaft praktikabel ist. Zum aktuellen Zeitpunkt ist nicht vollständig geklärt, ob sich diese Ernährung dauerhaft negativ auswirken kann. Ich denke da an Probleme, die eventuell mit den Nieren oder aber auch den Nebennieren auftreten könnten. Ich bin aber felsenfest davon überzeugt, dass die ketogene Ernährung, unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt, sozusagen ein »Reset« des alten Systems sein kann. Diese Ernährungsform kann helfen, eine arterielle Hypertonie in die richtige Richtung zu lenken. Sie kann bei Übergewicht und sogar bei dem Vorliegen einer krankhaften Fettsucht die Gewichtsreduktion hervorbringen, die vielleicht nur noch durch andere extremere Maßnahmen möglich wäre. Die ketogene Ernährung kann Diabetes mellitus sozusagen »deaktivieren« und sie kann, richtig angewendet, Depressionen, Migräne und eine pharmako-resistente Epilepsie maßgeblich beeinflussen. Diese Ernährungsform bewirkt mehr als nur eine Gewichtsreduktion und meiner Meinung nach gehört sie in das Wissensrepertoire einer jeden Pflegefachkraft.
Ich bin aber ebenfalls davon überzeugt, dass der Zuckerkonsum definitiv gedrosselt werden muss, wenn wir gesund bleiben möchten. Ich bin ebenfalls immer noch der vollen Überzeugung, dass unser uneingeschränkter und übertriebener Kohlenhydrat-Konsum der Hauptgrund für die größten Volkskrankheiten ist. Und ich bin davon überzeugt, dass dieser Lebensstil Erkrankungen wie Alzheimer, Adipositas, Übergewicht, arterielle Hypertonie, Arteriosklerose, Diabetes mellitus, Myokardinfarkt und Apoplexie überhaupt erst möglich macht.
Yoga und die Asanas
Dem Aspekt der Ernährung folgt nun der Aspekt der körperlichen Aktivität, der Bewegung, des Sports. Körperliche Arbeit im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit reicht nicht aus, um dauerhaft gesund zu bleiben. Wir arbeiten nicht mehr stundenlang auf dem Acker, wie es unsere Vorfahren einst tun mussten.
Der Mensch ist nicht dafür geschaffen, nichts zu tun oder sich nur minimal zu bewegen. Es gibt auf dieser Erde wohl keine andere Sportart, die in der Lage ist, jenes zu bewirken, was man mit einer regelmäßig und korrekt durchgeführten Yoga-Praxis erreichen kann. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien sprechen hier eindeutig für den Yoga. Asanas ermöglichen uns »Bewegung in der Ruhe« und zusammen mit der richtigen Atemtechnik sorgen Asanas für eine Stabilität des Körpers, des Geistes und sie sorgen für unser Wohlbefinden. Ein Wohlbefinden, das über allem anderen steht, denn nur der Mensch, in dem ein ruhiger Geist innewohnt, kann sich wirklich wohlfühlen. Wohlbefinden fördert unsere Gesundheit und erhält sie. Asanas sorgen dafür, dass unser Körper ebenso wie unser Geist geschmeidig bleibt. Asanas bringen uns die notwendige Körperkraft, die wir brauchen, um den täglichen Anforderungen zu entsprechen und uns ihnen zu widersetzen. Asanas sind keine einfachen gymnastischen Übungen. Sie sind das Produkt einer wohldurchdachten Philosophie unter Berücksichtigung eines ganzheitlichen Konzeptes. Doch dazu noch mehr im Verlauf dieses Buches.
Atemübungen und Meditation
Die Meditation, aber auch die korrekte Atemtechnik sind neben den anderen Aspekten von fundamentaler Bedeutung. Im Grunde gibt es zwischen der Atmung und der Meditation keinen wirklichen Unterschied. Meditation ist die richtige Atemtechnik und die richtige Atemtechnik ist Meditation. Atmung bedeutet zu leben. Die Atmung ist aber viel mehr als lediglich der Gasaustausch eines lebendigen Organismus. Wer richtig atmen möchte, der erlernt nicht, wie am besten eingeatmet wird, sondern er erlernt, wie am besten ausgeatmet wird. Durch die Befreiung unserer Lunge von der verbrauchten alten Luft ermöglichen wir ihr, Platz zu schaffen, um wertvolle frische und unverbrauchte Atemluft einzuatmen. Die richtige Atemtechnik ist ebenso effektiv, wie ein geliebtes Kinderlied zu singen. Das Singen ist nicht ohne Grund tief im Herzen des Seins verankert. Von jeher hatten unsere Vorfahren das Bedürfnis, die schönen Dinge des Lebens, aber auch die traurigen Dinge, die jeden Tag in dieser Welt geschehen, wie sie nun einmal ist, in Versen festzuhalten und mit wohlklingenden Tönen weiterzugeben.
Eine vollkommene Atemkontrolle setzt voraus, dass eine vollkommene Ausatmung stattfindet. Auch hierzu werde ich im Verlauf dieses Buches noch detaillierter eingehen.
Ketogische Praktiken
Mit den ketogischen Praktiken schließt sich der Kreis. Sie können unser Leben verbessern und bereichern und sie können ebenfalls als fester Bestandteil der integralen Coping-Strategie verstanden werden. Die ketogischen Praktiken haben nicht nur auf der körperlichen Ebene einen reinigenden Effekt. Durch das Ausführen der körperlichen Atem- und Reinigungstechniken bewegen wir uns auf einer anderen Ebene der Eigenwahrnehmung. Diese Praktiken können auch als eine Art Katharsis gesehen werden. Die Katharsis ist die Befreiung von einer psychischen Last, hervorgerufen durch Handlungen, die tatsächlich physisch stattfinden. Die ketogischen Praktiken sind leicht zu erlernen und auch einfach durchzuführen. Sie können wahre Wunder bewirken und sie können uns das Leben erleichtern, aber es auch bereichern. Sie helfen uns dabei, unseren Körper besser zu verstehen, eine innere Achtsamkeit zu entwickeln und die bestehende weiterzuentwickeln. Sie sind ein wesentlicher Beitrag des Prozesses der Entschleunigung. Ich werde im Verlauf auch auf die »Entschleunigung« näher eingehen.
Das gesamte Ketoga-Konzept mit seinen einzelnen Elementen muss dabei wie die Alternativmedizin betrachtet werden. Diese alternativen Methoden können häufig sehr gute Ergebnisse und Veränderungen hervorrufen, ohne dabei gleich die chemische Keule auspacken zu müssen. Ich meine damit aber keine fragwürdigen, dubiosen oder kostspieligen Methoden. Erinnern Sie sich: Ich benötige stets eine wissenschaftliche Grundlage, um mit diesen Instrumenten arbeiten zu können. Diese alternativen Methoden können die klassische Schulmedizin ergänzen und bereichern, manchmal sogar ersetzen – sofern aus medizinischer Sicht keine Kontraindikation vorliegt.
Wussten Sie, dass Deutschland in Sachen Alternativverfahren ein Vorreiter ist und dass diese Methoden auf eine wirklich lange Tradition zurückblicken können? Wussten Sie, dass etwa 60 Prozent der in Deutschland lebenden Bevölkerung regelmäßig auf alternative Verfahren setzt? Wussten Sie, dass unser »alternativer« Wissensschatz dem der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) in keinster Weise nachsteht? Ein wesentlicher Bestandteil dieser Alternativmedizin ist die Phytotherapie. Ich denke da ganz konkret an ein Beispiel. Leichte bis mittelschwere Depressionen oder depressive Verstimmungen lassen sich erfolgsversprechend durch Johanniskraut (Hypericum perforatum) behandeln. Nausea und Emesis, also Übelkeit und Erbrechen, lassen sich wunderbar mit Ingwer behandeln. Es muss nicht immer zur Chemie gegriffen werden. Alternative Methoden sind aber eben auch zeitaufwändiger, doch lässt sich auch oftmals belegen, dass diese wesentlich nachhaltiger sind und es gibt Verfahren, die wissenschaftlich fundiert sind und bei denen der Nachweis ihrer Wirkungen bereits erbracht wurde. Und ähnlich verhält es sich mit den Ketoga-Elementen. Sie bieten ebenfalls eine nachhaltige Alternative, sind aber auch zeitaufwändiger als andere konventionelle Maßnahmen, die nicht so erfolgversprechend sind.
3. Eine persönliche Zwischenbilanz
Es ist wohl an der Zeit, eine Bilanz zu ziehen, denn immerhin halte ich an meinem Keto-Experiment immer noch fest. Es ist an der Zeit, eine weitere Entwicklung in die Wege zu leiten und genauer hinzuschauen. Was hat sich in den letzten zwei Jahren getan, was gibt es Neues zu berichten im Hinblick auf die ketogene Ernährungsweise? Wenn man bedenkt, dass ich Kohlenhydrate größtenteils aus meinem Ernährungsplan gestrichen habe, dann können zwei Jahre eine verdammt lange Zeitspanne sein. Manchmal werde ich gefragt, wie lange ich mich nun schon so ernähre. Wenn ich dann antworte, höre ich nicht selten, dass das ja überhaupt nicht lange sei. Ich stelle dann sehr gerne die Gegenfrage, wie lange es denn bei diesen Menschen ohne Kohlenhydrate geht und wie lange sie es ohne aushalten würden …
Die ketogene Ernährung ist für mich jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung, denn nach wie vor bin ich der Meinung, dass der Anspruch jener sein muss, alle benötigten Makro- und Mikronährstoffe über die Ernährung abzudecken, ohne zu Supplementen greifen zu müssen. Bisweilen scheint mir dies auch gut zu gelingen, denn mir geht es gesundheitlich bestens, meine Laborwerte sind stabil und unauffällig und zum aktuellen Zeitpunkt kann ich keine Hypovitaminosen an mir feststellen. Die ketogene Ernährung wurde für mich im Laufe der Monate fast schon zu einer Art »Freund«. Ein »Freund«, den ich nur zu gut kenne, so weiß ich ganz genau, wie sich »In der Ketose«-Sein anfühlt und ich weiß aber auch genauso gut, wie es sich anfühlt, aus dem keto-adaptierten Stoffwechsel im Rahmen eines Cheat-Tags zu fallen.
Einige Kritiker dieser Ernährungsform behaupten immer wieder, dass diese Art der Ernährung zu einer Insulinresistenz führen würde, die wissenschaftlichen Belege hierfür fehlen immer, trotzdem lese ich nur allzu oft derartige Sensationsmeldungen. Ich lese aber auch, dass diese Form der Ernährung nicht gesund sein könne, da man ja viel zu wenig Gemüse und Obst essen dürfe. Ich habe mal genauer nachgehakt und ich stelle fest, dass ich durch die ketogene Ernährung viel mehr Gemüse esse, als dies bei einem »Durchschnittsesser« im Kohlenhydrat-Modus der Fall ist.
Ich kann mit gutem Gewissen behaupten, dass sich bei mir zum aktuellen Zeitpunkt keine Insulinresistenz bemerkbar macht. Meine Blutzuckerwerte sind auch an Cheat- und Refeed-Tagen genauso, wie ich sie mir wünsche. Das gleiche gilt übrigens auch für meinen Hb1Ac, das ist jener Wert im Blutbild, der als Blutzucker-Langzeitwert bezeichnet wird. Der Wert ist deshalb von enormer Bedeutung, da dieser dem Mediziner Auskunft über die Blutzuckerwerte der letzten vier bis zwölf Wochen und im Durchschnitt acht Wochen Auskunft gibt.
Der Normbereich dieses Wertes liegt zwischen 28 und 38 mmol/mol beziehungsweise zwischen vier und sechs Prozent des Gesamt-Hämoglobins. Um diesen Wert als Laie zu verstehen, muss man wissen, dass der HbA1C-Spiegel nichts anderes ist als jener Anteil an Gesamthämoglobin im Blut, ein prozentualer HbA1c von 5,0 wäre 31 mmol/mol und entspräche somit einem durchschnittlichen Blutzuckerwert von 80 mg/dl beziehungsweise 4,4 mmol/l.
Nach fast zwei Jahren ketogener Ernährung kann ich also durchweg eine positive Zwischenbilanz ziehen. Nach wie vor fühle ich mich in diesem Stoffwechsel am wohlsten, es hat sich nichts zum Negativen hin verändert. Im Gegenteil, ich werde einfach dieses Gefühl nicht mehr los, dass es sich bei diesem Zustand um einen von »Mutter Natur« gewollten Metabolismus handelt, mit dem unser Körper einfach wesentlich besser zurechtkommt als im Kohlenhydrat-Stoffwechsel. Zum aktuellen Zeitpunkt sind weder meine Nieren noch meine Nebennieren erschöpft. Ich habe keine Störungen in meinem Hormonhaushalt und ich fühle mich trotz der Tatsache, dass ich erst vor Kurzem vierzig Jahre alt geworden bin, vitaler denn je. Für mich persönlich geht somit das Keto-Experiment erst einmal weiter!
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